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23.03.2020

Corona-Pandemie

Sozialschutz-Paket – Gesetz soll am 29. März in Kraft treten

solidarity 4924028 640Das Bundeskabinett hat heute den Entwurf eines Gesetzes für ein Sozialschutz-Paket beschlossen. Mit dem Entwurf will die Bundesregierung die sozialen und wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie für die Bürgerinnen und Bürger abfedern. Vorübergehend wird der Zugang in die Grundsicherungssysteme (SGB II und SGB XII) erleichtert und die Bemessung des Kinderzuschlags an die gegenwärtige Situation angepasst. Die Maßnahmen sollen insbesondere Familien mit geringem Einkommen und Selbstständige ohne oder mit nur wenigen Angestellten stärken. Der Entwurf wird durch die Große Koalition in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht und soll bereits kommenden Sonntag, den 29. März 2020, in Kraft treten.

Der Entwurf sieht insbesondere folgende Inhalte vor:

Hilfen für Erwerbstätige mit erheblichen Einkommenseinbußen

Für einzelne Branchen führen die Maßnahmen zur Vermeidung des Coronavirus dazu, dass Menschen vorübergehend erhebliche Einkommenseinbußen erfahren. Dies kann alle Erwerbstätigen betreffen, insbesondere aber Kleinunternehmer und sogenannte Solo-Selbstständige. Die Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) sichert den Lebensunterhalt, wenn keine vorrangigen Hilfen greifen. Diese Leistungen sollen schnell und unbürokratisch zugänglich gemacht werden. Es soll niemand aufgrund der wirtschaftlichen Auswirkungen dieser Krise in existenzielle Not geraten. Im Einzelnen sind für Bewilligungszeiträume vom 1. März 2020 bis 30. Juni 2020 vorgesehen:

  • eine befristete Aussetzung der Berücksichtigung von Vermögen,
  • eine befristete Anerkennung der tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung als angemessen und
  • Erleichterungen bei der Berücksichtigung von Einkommen in Fällen einer vorläufigen Entscheidung.

Die Bundesregierung kann den Zeitraum für die erleichterten Bedingungen durch Rechtsverordnung bis zum 31. Dezember 2020 verlängern. Die Jobcenter werden durch die Möglichkeit entlastet, Weiterbewilligungen auch ohne Antrag vorzunehmen.

Hilfen für voll erwerbsgeminderte Menschen

Erhebliche Einkommenseinbußen können aber auch ältere und zeitlich befristet oder dauerhaft voll erwerbsgeminderte Menschen treffen, die bisher keine Leistungen nach dem Dritten oder Vierten Kapitel des Zwölften Buch des Sozialgesetzbuches (SGB XII) bezogen haben. Dies gilt insbesondere im Falle einer gemischten Bedarfsgemeinschaft. Darüber hinaus können auch bei nicht erwerbsfähigen Menschen durch die COVID-19-Pandemie Einkommen wegfallen. Aus diesem Grund werden die Maßnahmen für das SGB II auch im SGB XII nachvollzogen. Auch für Berechtigte der existenzsichernden Leistung im Sozialen Entschädigungsrecht sollen erleichterte Regelungen gelten. Deshalb sind die Übergangsregelungen des SGB II und des SGB XII für die ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt im Sozialen Entschädigungsrecht nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) übernommen worden.

Erleichterter Zugang zum Kinderzuschlag

Bei vielen Familien reduziert sich aktuell das Einkommen durch Kurzarbeit, Arbeitslosengeld oder geringere Einkommen oder Einnahmen. Der Kinderzuschlag soll befristet so umgestaltet werden, dass er für Familien, die die Leistung beantragen, die aktuelle krisenbedingte Lebenslage besser erfasst. Die Prüfung des Kinderzuschlags soll ausnahmsweise auf das Einkommen im letzten Monat vor Antragstellung bezogen werden. Zudem erfolgt eine befristete Aussetzung der Berücksichtigung des Vermögens, um die Leistung unbürokratischer zugänglich zu machen und die aktuellen Notsituationen leichter abzufangen. Um die Familienkasse zu entlasten und Familien im Kinderzuschlag einfacher zu unterstützen, soll außerdem eine einmalige Verlängerung für sogenannte Bestandsfälle mit dem höchstmöglichen Kinderzuschlag eingeführt werden.

Entschädigung von Verdienstausfällen bei behördlicher Schließung von Schulen und Kitas

In das Infektionsschutzgesetz wird auf Initiative des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales ein Entschädigungsanspruch für Verdienstausfälle bei behördlicher Schließung von Schulen und Kitas zur Eindämmung der gegenwärtigen Pandemie aufgenommen. Ziel der Entschädigungsregelung ist die Abmilderung von Verdienstausfällen, die erwerbstätige Sorgeberechtigte von Kindern bis zum 12. Lebensjahr erleiden, wenn sie ihre Kinder aufgrund der Schließung selbst betreuen müssen und daher ihrer beruflichen Tätigkeit nicht nachgehen können. Voraussetzung ist, dass die Betroffenen keine anderweitige zumutbare Betreuung (z. B. durch den anderen Elternteil oder die Notbetreuung in den Einrichtungen) realisieren können. Risikogruppen wie z. B. die Großeltern des Kindes müssen dazu nicht herangezogen werden. Ein Verdienstausfall besteht nicht, wenn es andere Möglichkeiten gibt, der Tätigkeit vorübergehend bezahlt fernzubleiben wie etwa der Abbau von Zeitguthaben. Auch gehen Ansprüche auf Kurzarbeitergeld dem Entschädigungsanspruch vor. Die Entschädigung in Höhe von 67 % des Nettoeinkommens wird für bis zu sechs Wochen gewährt und ist auf einen monatlichen Höchstbetrag von 2.016 Euro begrenzt. Die Auszahlung übernimmt der Arbeitgeber, der bei der zuständigen Landesbehörde einen Erstattungsantrag stellen kann. Die Regelung gilt nicht für Zeiten, in denen die Einrichtung wegen der Schulferien ohnehin geschlossen wäre, und ist befristet bis Ende des Jahres.

Keine Anrechnung von systemrelevanten Nebenbeschäftigungen auf Kurzarbeitergeld

Bestimmte Branchen und Berufe sind in der Krise für das öffentliche Leben, die Sicherheit und die Versorgung der Menschen unabdingbar. Hierzu gehören insbesondere das Gesundheitswesen mit Krankenhäusern und Apotheken, aber auch die Landwirtschaft und die Versorgung der Menschen mit Lebensmitteln. Hier muss sichergestellt sein, dass ausreichend Arbeitskräfte zur Verfügung stehen. Durch den im neuen § 421c SGB III geregelten vorübergehenden Verzicht auf die vollständige Anrechnung des Entgelts aus einer während Kurzarbeit aufgenommenen Beschäftigung auf das Kurzarbeitergeld wird ein Anreiz geschaffen, auf freiwilliger Basis vorübergehend Tätigkeiten in systemrelevanten Bereichen, wie z. B. der Landwirtschaft, aufzunehmen.

Anhebung der Zeitgrenzen für geringfügige Beschäftigung bei Saisonarbeit

Um Problemen bei der Saisonarbeit insbesondere im Bereich der Landwirtschaft durch die Corona-Krise Rechnung zu tragen, sollen die Zeitgrenzen für die geringfügige Beschäftigung in Form der kurzfristigen Beschäftigung befristet auf eine Höchstdauer von fünf Monate oder 115 Tage ausgeweitet werden.

Änderung Arbeitszeitgesetz

In das Arbeitszeitgesetz wird eine Verordnungsermächtigung aufgenommen, um bundeseinheitliche Ausnahmen von den Arbeitszeitvorschriften zu ermöglichen. Die Regelung soll dazu beitragen, in der derzeitigen Situation der Corona-Pandemie die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, des Gesundheitswesens und der pflegerischen Versorgung, der Daseinsvorsorge sowie die Versorgung der Bevölkerung mit existenziellen Gütern sicherzustellen.

Anhebung der Hinzuverdienstgrenze für Rentner und Rentnerinnen

Auch die Weiterarbeit oder Wiederaufnahme einer Beschäftigung nach Renteneintritt soll erleichtert werden. Das geltende Recht sieht Beschränkungen vor, wenn neben der Rente hinzuverdient wird. Das könnte diejenigen, die in der aktuellen Situation mit ihrer Arbeitskraft Unterstützung leisten wollen, an ihrem Einsatz hindern. Nun können im Jahr 2020 statt bisher 6.300 Euro 44.590 Euro hinzuverdient werden, ohne dass die Altersrente gekürzt wird.

Quelle: Pressemitteilung BMAS